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Letzte Aktualisierung: 27. November 2024

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EU-Zwangsarbeitsverordnung: formelle Annahme im Rat

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 Beate Neubauer
Beate Neubauer
Soziale Marktwirtschaft, Alterversorgung, Sozialversicherung, Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung, Grundsicherung/Bürgergeld, Gesundheitswirtschaft, Nachhaltigkeit, CSR, Zuwanderung
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Das Europäische Parlament (EP) hat in der Plenarabstimmung am 23. April 2024 die Trilogeinigung zur EU-Zwangsarbeitsverordnung mit 555 gegen sechs Stimmen bei 45 Enthaltungen angenommen. Die formelle Annahme durch den Rat der EU ist nun ebenfalls erfolgt. Jetzt erfolgt die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU und im Anschluss das Inkrafttreten der Verordnung. Die Mitgliedstaaten haben nach Inkrafttreten drei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht zu überführen

Die vielen Verbesserungen, die der Rat bereits in seiner Allgemeinen Ausrichtung erzielt hatte, finden sich auch im Trilogergebnis wieder und wurden teils noch weiter ausgebaut. Dennoch bleiben zentrale Konstruktionsfehler bestehen.

Zentrale Inhalte der Verordnung

Die Verordnung umfasst folgende Kerninhalte:

  • Kriterien: Die Einigung enthält Kriterien für die Kommission und die zuständige nationale Behörde, welche bei der Bewertung der Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes gegen die EU-Zwangsarbeitsverordnung anzuwenden sind. Diese Kriterien sind:
    • das Ausmaß und die Schwere der vermuteten Zwangsarbeit sowie die Frage nach einer möglichen staatlich verordneten Zwangsarbeit,
    • die Menge und der Umfang der auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebrachten oder bereitgestellten Produkte,
    • der Anteil an Teilen am Endprodukt, der wahrscheinlich in Zwangsarbeit hergestellt wurde (die vorläufige Einigung konkretisiert hier, dass im Falle eines festgestellten Verstoßes gegen die Verordnung nur der betroffene austauschbare Teil des Produkts von der Beseitigungsanordnung erfasst wird),
    • die Nähe der Wirtschaftsakteure zu mutmaßlichen Zwangsarbeitsrisiken in ihrer Lieferkette sowie deren Möglichkeiten diese Risiken zu beseitigen.
  • Leitlinien der Kommission: Die Kommission wird Leitlinien für Wirtschaftsteilnehmer und die zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stellen, die diesen helfen sollen, die Anforderungen der Verordnung zu erfüllen. Davon umfasst sind auch bewährte Verfahren zur Beendigung und Beseitigung von Zwangsarbeit.
  • Untersuchungen: Die Kommission leitet die Ermittlungen außerhalb des EU-Gebiets. Befinden sich dagegen die Risiken für Zwangsarbeit im Mitgliedstaat selbst, hat die zuständige Behörde des jeweiligen Mitgliedstaats selbst die Ermittlungen zu leiten. In allen Phasen der Untersuchung sollen die Wirtschaftsteilnehmer angehört werden können.
  • Finale Entscheidung: Ergibt sich aus der Untersuchung, dass ein Verstoß gegen die EU-Zwangsarbeitsverordnung vorliegt, können die betreffenden Produkte vom EU-Markt sowie Online-Plattformen zurückgezogen und an den Grenzen beschlagnahmt werden. In der Folge sind die Waren zu spenden, zu recyceln oder zu vernichten. Gelingt es den Unternehmen die Zwangsarbeit vollständig aus ihren Lieferketten zu eliminieren, können die zunächst verbotenen Produkte wieder auf den Markt gebracht werden. Die endgültige Entscheidung über das Verbot, die Rücknahme und die Beseitigung eines in Zwangsarbeit hergestellten Produkts ist durch diejenige Behörde zu treffen, welche die Untersuchungen vorgenommen hat.
  • Datenbank: Die Kommission wird zur Erleichterung der Umsetzung der Verordnung eine Datenbank einrichten, die überprüfbare und regelmäßig aktualisierte Informationen über Zwangsarbeitsrisiken enthält, einschließlich Berichten von internationalen Organisationen (wie der Internationalen Arbeitsorganisation). Die Datenbank soll dabei zukünftig als Unterstützung sowohl für die Kommission als auch für die nationalen Behörden dienen.
  • Sanktionen: Unternehmen, die sich nicht an die Verordnung halten, können mit einer Geldstrafe belegt werden.

Bewertung

Die vielen Verbesserungen, die der Rat bereits in seiner Allgemeinen Ausrichtung erzielt hatte, finden sich auch im Trilogergebnis wieder und wurden teils noch weiter ausgebaut. Problematische Vorschläge des EP wie eine Beweislastumkehr oder eine mögliche Pflicht zur Widergutmachung haben sich richtigerweise nicht durchsetzen können.

Es ist auch richtig, dass die Kommission in den entscheidenden Anwendungsfällen ermittelnde und entscheidende Behörde ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Vorgaben der Verordnung innerhalb der gesamten Union einheitlich und gleichmäßig umgesetzt werden. Insbesondere mit Blick auf Untersuchungen in Drittstaaten ist ein wirkmächtiges Auftreten der EU als Ganzes zielführend.

Die Beschränkung innerhalb der Lieferkette auf (Vor-)Produkte – insbesondere in Abgrenzung zu Dienstleistungen – macht die Verordnung praktikabler. Gleichzeitig wird der zu kontrollierende Umfang überschaubarer. Die Definition des Endverbrauchers ist nun rechtssicherer gefasst. Mit der Unterstützung und Anleitung vor allem für KMU sowie den Informationen aus dem Portal und Netzwerk kann ein handhabbares und transparentes Verfahren geschaffen werden. Inwiefern die Ausnahme für strategisch wichtige oder kritische Rohstoffe und Produkte relevant ist, bleibt abzuwarten.

Für die Praxis gilt es nun, die Kriterien zur Aufnahme von Ermittlungen und den Erlass von Entscheidungen praxistauglich anzuwenden. Dabei müssen insbesondere das Maß der Zwangsarbeit und die Möglichkeiten der Unternehmen im Einzelfall entsprechend berücksichtigt werden. Leider bleibt ein grundsätzlicher Webfehler bestehen: Die Zwangsarbeitsverordnung überschneidet sich in zentralen Punkten mit der EU-Wertschöpfungsketten-Richtlinie (CSDDD), die Unternehmen vor massive Probleme stellen wird.

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